Die Dorfschule in Igensdorf
Aufgeschrieben nach einem Beitrag zum Forschungsprojekt "Alte Dorfschulen", von Albert Sollmann, Hauptlehrer a.D., Gräfenberg im März 1986.
Igensdorf liegt landschaftlich sehr schön am Südrand des Frankenjura. Die Marktgemeinde ist bekannt durch Süßkirschenanbau auf dem Eisensandstein des Juragebirges und durch seinen Obstgroßmarkt.
Das Dorf, 1146 Idungesdorf genannt, stand von Anfang an unter dem Einfluss des Bistums Bamberg und des Klosters Weißenohe. Das änderte sich im 16. Jahrhundert. Mit der Reformation gewann die "Freie Reichstadt Nürnberg" immer mehr an Einfluss. Auch die sogenannten "7 Dörfer" (Stöckach, Affalterbach, Etlaswind, Frohnhof, Oberlindelbach, Unterlindelbach und Pettensiedel) schlossen sich der reformatorischen Bewegung an. Die weitere territoriale Entwicklung war in den folgenden Jahrhunderten durch Kriege und Machtverschiebungen sehr verworren, bis 1810 Igensdorf endgültig bayerisch wurde.
1524 hatte Dr. Martin Luther die deutschen Städte und Bürgermeister aufgefordert, christliche Schulen zu errichten. Im 30-jährigen Krieg wurde Igensdorf samt seiner Kirche und dem ersten Schulhaus vollkommen zerstört. Erst 1687 wurde mit Förderung durch Nürnberger Patrizier die Kirche am gleichen Platz wieder neu erbaut. 1697 ließ das Nürnberger Landesalmosenamt auch ein "Kantorats- und Schulhaus" neu errichten. Es bestand bis 1872. Damals wurde ein neues Schulhaus aus Sandstein errichtet. Es steht heute noch. Es wurde bis 1958 als Schule verwendet. Danach diente es als evangelisches Gemeindehaus.
Das 1872 erbaute Schulhaus hat keine wesentlichen Veränderungen erfahren, so dass zu seiner Darstellung die "Beschreibung der Volksschulstellen im Regierungsbezirk Oberfranken" von Hans Sandner, Bayreuth 1914, verwendet werden kann. Dieses Buch wurde von jedem jungen Lehrer zu Rate gezogen, bei Aushilfen, Versetzungen usw.
Aus diesem Buch (etwas gekürzt):
Igensdorf: Prot. Pfarrkirche, mit gemischter konf. Bevölkerung, Katholiken nach Weißenohe eingeschult und eingepfarrt. Bevölkerung treibt Landwirtschaft, auch kleine Gewerbetreibende. Mittagstisch für unverheiratete Lehrer gut u. standesgemäß in 1 Wirtshaus. Wasserleitung.
Schulgemeinde: Sprengelschule, eingeschult sind die evangelischen Kinder aus Igensdorf, Dachstadt, Letten, Bodengrub, Weidenmühle, 2- 4 km. Schulgeld- u. Lernmittelfreiheit besteht nicht.
Schulgebäude: Schulhaus mit 1 Lehrerzimmer und Wohnung für 1 Lehrer, nebst angebauter Scheune und Stall. Sonnige Lage. Kirche, Friedhof und Pfarrhaus je 60 m entfernt. Schulhaus Eigentum der Kirchenstiftung.
Stellenbeschreibung: Besetzungsrecht: Königliche Regierung. Ganztagesschule mit 7 Jahrgängen, 69 Werktagsschüler, 22 Sonntagsschüler. Sonntagsschule von 12-13.30 Uhr. Der Geistliche erteilt wöchentlich 2 Religionsstunden und 2 Konfirmandenstunden.
Nebenämter: Der Lehrer ist Kantor, Organist und Mesner und besorgt Gemeindeschreiberei für Igensdorf und Dachstadt. Mesner hat Uhraufziehen und Glockenschmieren, Reinigung der Kirche und Kirchenwäsche zu besorgen. Wein und Hostien werden von Schülern der Mittelklasse unter Aufsicht des Mesners abgeholt. Gebetläuten besorgt ein Nachbar, der dafür vom Lehrer bezahlt wird. Kirchendienst ziemlich beschwerlich durch Leichenabholen. Hilfsmesner nicht zu haben. Abtrennung des Kirchendienstes sehr schwierig.
Schul- u. Wohnräume: Lehrerzimmer nach Osten gelegen, 44 qm, mit 8 Fenstern, Wasserleitung. Der Lehrer erhält 182 M zur Beschaffung des Schulholzes u. der Kohlen. Reinigung des Schullokals besorgen Angehörige des Lehrers. Lehrerabort unbequem gelegen in der Scheune. Lehrerwohnung nicht abgeschlossen, trocken u. hell, 1 Wohnzimmer, 1 Schlafzimmer, 1 Arbeitszimmer, 1 Kinderzimmer im Dachboden, Küche mit Wasserleitung und Ausguß, kleine Speise, kleiner Keller. Scheune an das Haus angebaut, mit Schweinestall, kleiner Gemüsegarten, um die Kirche 9 Obstbäume.
Einkommen: 600 M vom Rentamt, 469 M von der Gemeinde, aus dem niederen Kirchendienst 302,33 M, aus dem Chordienst 86,45 M. Reineinkommen rund 1200 M, darunter Anschlag von Grundstücken, 4 Tagwerk und der sehr beschwerlichen Grollussammlung.
gez. Karl Georg Rauh Hptl. u. Kantor
Diese Stellenbeschreibung gilt für die Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Damals stand die Volksschule noch unter der geistlichen Schulaufsicht.